Experimentelle Aquakultursysteme

Arbeitsbereich

Durch Forschung & Entwicklung an und in unseren experimentellen Aquakultursystemen leisten wir einen Beitrag zum technologischen Fortschritt im Bereich der Aquakultur-Haltungssysteme. Dabei entwickeln wir neue Nutzungskonzepte für bereits etablierte Systeme wie z.B. landbasierte integrierte multitrophische Aquakultur (IMTA)-Anlagen.

Bei IMTA-Konzepten werden die bei der Fütterung der Fische eingesetzten Nährstoffe in Form von Fischfutter mehrfach genutzt. Obwohl es keine Nährstoff-effizientere Methode gibt, tierisches Protein zu produzieren als die Aquakultur (Insekten ausgenommen), können die Fische nur weniger als die Hälfte der im Fischfutter enthaltenen Nährstoffe in Biomasse umwandeln. Der Rest (partikuläre und gelöste Nährstoffe) landet im Wasser und kann jedoch von Wirbellosen und schlussendlich von Pflanzen oder Algen verwertet werden, um weitere wertvolle Biomasse zu produzieren. Daher steckt in IMTA sehr großes Potential im Bereich Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft. ​

Weitere Schwerpunkte sind die Entwicklung innovativer technologischer Lösungen im Bereich Wasseraufbereitung, Fischhaltung und Monitoring.

Forschungsfelder

Optimierung bereits bestehender und Entwicklung neuer Ab- und Haltungswasserskomponenten geschlossener Kreislaufanlagen

Der Verzicht auf einen kontinuierlichen Wasseraustausch und damit die Entkopplung von Umwelteinflüssen im geschlossenen Kreislaufsystem ermöglicht eine Produktion aquatischer Organismen unter minimaler Einflussnahme auf die umliegenden Ökosysteme, da kaum gelöste Nährstoffe in die Vorfluter abgegeben werden. Dies führt jedoch bei Wiederverwendungsraten von bis zu 99% des Wassers zu akkumulierenden Stoffwechselendprodukten, Nähr- und Mineralstoffen im Haltungssystem. Je höher der Wiederverwendungsgrad des Wassers, desto höher werden die Ansprüche an und Herausforderungen für die verwendete Wasseraufbereitungstechnik.

In der Arbeitsgruppe wird sowohl an der Art der akkumulierenden Stoffe, als auch an der Steigerung der Effizienz der Filtertechnik aus Sicht der Filterleistung, aber auch des Energieverbrauches, geforscht.

Kreislaufsysteme weitergedacht

Im Forschungsfeld Aquaponik wird die Aquakulturproduktion von Fisch mit der Hydroponik, der substratfreien Kultivierung von Nutzpflanzen, kombiniert. Bei dieser Form der Kreislaufkultur werden die nährstoffreichen Abwasserströme der Fischkultur an die Nutzpflanzen weitergeleitet, die gelösten Nährstoffe so verwertet und das Wasser aufgereinigt. Beide Systemkomponenten profitieren von dieser Form der Kultur. Die Kreislaufwässer sind weniger stark mit Nährstoffen belastetet und auf pflanzlicher Seite sind Einsparungen beim Düngerzusatz möglich. An Fischarten werden u.a. Tilapia und afrikanischer Raubwels eingesetzt. Im hydroponischen Teil der Anlagen können vielerlei Pflanzenarten von Kräutern (z.B. Basilikum) bis hin zu bestimmten Gemüsesorten (u.a. Tomaten, Salate, Kürbis) produziert werden. Zusätzlich kann die Aquaponik als Teil der zirkulären Bioökonomie auch mit weiteren nachhaltigen Produktionsmethoden kombiniert und dadurch weitere Stoffströme zu Kreisläufen geschlossen werden. Im Projekt „Ich liebe Fisch“  wurden beispielsweise die Larven der Schwarzen Soldatenfliege (black soldier fly, BSF) mit organischen Reststoffen aus der Gemüseproduktion und -verwertung aufgezogen. Diese Larven können entweder direkt als Fischfutter oder als Rohstoff (getrocknet und vermahlen als Proteinpulver) für die Fischfutterproduktion eingesetzt werden. Anhand dieses Projektbeispiels wird zusätzlich ersichtlich, dass Aquaponik eine große Bandbreite von Einsatzmöglichkeiten bietet. Von hoch-technisierten Anlagen zur regionalen oder gar urbanen Produktion hochpreisiger Organismen in Industrienationen bis zur „low-tech“ Variante in den ärmsten Regionen der Erde zur Eigenversorgung. Zu den aktuellen Herausforderungen des Sektors gehören demnach auch je nach Anwendungsgebiet verschiedenste Fragestellungen:  von der Fruchtpflanzenkultur hochpreisiger Arten über die Identifizierung optimaler Nährstoffbedingungen in der Kultur für verschiedene Arten bis hin zu Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit solcher integrierter, zirkulärer Systeme unter den Bedingungen ländlicher Regionen in Entwicklungsländern.

Der Aquaponik-Sektor entwickelt sich in diverse Richtungen stetig weiter, es werden regelmäßig neue Arten erschlossen und bestehende Systeme, je nach Anwendungsgebiet, optimiert. Am Fraunhofer IMTE wurde das Potential der Technologie erkannt und der Sektor bereits durch eigene Forschung mitgestaltet. Mit der Anlagentechnik und dem Know-how vor Ort ist die Abteilung bestens aufgestellt auch zukünftige Herausforderungen und Forschungsfragen auf dem Forschungsfeld anzugehen.

Nährstoffnutzung auf allen Ebenen

Um Aquakulturen nachhaltig und zukunftsgerichtet zu gestalten wird am Fraunhofer IMTE das Konzept der integrierten multitrophischen Aquakultur, kurz IMTA, erforscht. In einer IMTA werden nicht nur Fische, sondern noch weitere aquatische Organismen wie Algen, Muscheln oder Würmer im selben Wasserkreislauf oder -körper kultiviert. Nach dem Vorbild der Natur wird so ein künstliches Ökosystem geschaffen, in dem alle Organismen voneinander profitieren: Algen, Muscheln und Würmer nutzen die Nährstoffe, die über die Fische in das Wasser eingebracht werden zum Wachsen und reinigen gleichzeitig das Wasser biologisch wieder auf. So wird die Nährstoffbelastung im Abwasser minimiert und gleichzeitig mehr verwertbare Biomasse produziert.

Dieses Konzept kann im Meer und an Land umgesetzt werden, beide Formen bringen dabei ihre Chancen und Herausforderungen mit sich. An Land muss die Wasserqualität stärker überprüft und kontrolliert werden, durch diese Kontrolle kann die Produktion aber gleichzeitig optimiert werden. Die Optimierung der Energieflüsse spielt ebenfalls eine große Rolle. Im offenen Meer liegt der Fokus vor allem darauf, das umliegende Ökosystem nicht zu belasten, die einzelnen Komponenten müssen also präzise aufeinander abgestimmt sein.

In einer landbasierten IMTA am Standort Lübeck werden verschiedene Organismen für den Einsatz in solchen Anlagen im semi-industriellem Maßstab erprobt und die Wechselwirkung zwischen diesen Organismen erforscht. Es wird unter anderem mit Wolfsbarsch und Lachs, verschiedenen, heimischen Makroalgenarten sowie Seeringelwürmern gearbeitet. Diese Forschung soll den Weg für das Konzept IMTA in die Wirtschaft bereiten und liefert wertvolle Informationen zur Kultivierung neuer Spezies in Aquakulturen.  

Rohstoff der Zukunft

Um den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden, ist es kritisch neue Ressourcen zu erschließen. Die Makroalgenartendiversität an unseren Küsten ist groß; mit einer Vielzahl an Anwendungsgebieten werden sie trotzdem in Europa bislang wenig genutzt. Sie sind nicht nur als proteinreiches und gesundes Lebensmittel interessant, sondern können auch als Rohstoff für zum Beispiel Bioenergie oder Biokunststoffe genutzt werden. Verschiedene Extrakte aus Makroalgen können als Biostimulanzien genutzt werden oder finden Anwendung in kosmetischen und pharmazeutischen Produkten. Als Futtermittel sind Makroalgen ebenfalls einsetzbar und haben hier positive Effekte auf die Tiergesundheit.

Am Fraunhofer IMTE wird daran gearbeitet, diese breite Palette an Anwendungsmöglichkeiten wirklich nutzbar zu machen. Dafür werden die Vermehrung und Anzucht verschiedener Arten optimiert, hierbei gibt es aufgrund der komplexen Reproduktionsbiologie noch viele Herausforderungen zu meistern. Ebenfalls betrachtet wird die Kultivierung in verschiedenen Systemen, so werden etwa Algen auf Seilen angesiedelt um diese im Meer wachsen zu lassen, aber auch verschiedene landbasierte Systeme werden entwickelt und erprobt. Darüber hinaus werden neue Arten evaluiert und getestet um neue, wertvolle Arten für die Aquakultur zu erschließen.

Leistungen

  • Erarbeitung von Konzepten in den Bereichen Integrierte Multitrophische Aquakultur (IMTA) und Aquaponik
  • Testung und Optimierung innovativer und konventioneller Anlagenkomponenten zur Wasseraufbereitung

Forschung und Entwicklung in den Bereichen:

  • Kultivierung von Makroalgen
  • Verfahrenstechnik  
  • Kreislaufanlagenmanagement
  • Biofilter-Optimierung
  • Denitrifikation
  • Keimreduktion
  • Abwasserreinigung
  • Integrierte Multitrophische Aquakultur
  • Aquaponik

Ausstattung Versuchsanlagen

  • IMTA-Anlage​​
  • 6 runde Fischbecken à 2,5 m3 ​​
  • Anlage lässt sich in 2 Kreisläufe aufteilen, jeweils mit separater  Wasseraufbereitung (Sauerstoffversorgung, Temperierung, Trommelfilter, Biofilter, Ozonisierung, UV-Entkeimung,…)​​
  • 1 Detrivorenbecken à 6 m3​​
  • 1 Makroalgenbecken à 90 m3​​​
  • Gesamtvolumen Haltungsbecken: 111 m­3​​
  • 4 Kleinkreisläufe mit je 3 runden Fischbecken à 500 L​​
  • 6 Aquarien à 300 L​​
  • 12 Aquarien à 80 L​​
  • 4 Systeme mit je 3 Aquarien à 150 L ​
  • Alle Systeme verfügen über eine eigene  Wasseraufbereitung​​
  • Diverse modulare und modifizierbare Sonderlösungen (z.B. Plattfischbecken, Aquaponik-Systeme, unterteilbare Fließkanäle mit Wasseraufbereitung, Erbrütungsbecken, Larvenaufzuchtsystem, …)​
  • Brutschrank (Temperatur-, Licht- und Feuchtigkeitsregulierbar)

Ausstattung Analytik

  • TOC/TN Analyser
  • Photometer für org. und anorg. Wasserchemie
  • BSB – Messsystem
  • Bakterienaktivität im Wasser
  • Handsonden für O2, CO2, TGP, pH, Redox, Leitfähigkeit
  • Messgeräte für Salinität und Trübung
  • OFF-Flavour Analytik (GCMS)